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Wo sind die Zivilstands­beamtinnen?

Von Aline Sloksnath ‒ 19. Oktober 2023

Schweizweit mangelt es im Zivilstandswesen an Fachkräften. Auch in Zollikon ist dies spürbar. Nun sollen Springerinnen Abhilfe schaffen. Die Suche nach geeigneten Personen ist nicht einfach.

Für den Umbau hat der Gemeinderat einen Ausführungskredit von 355 000 Franken bewilligt. (Bild: lfi)
Für den Umbau hat der Gemeinderat einen Ausführungskredit von 355 000 Franken bewilligt. (Bild: lfi)

Im Zolliker Zivilstandsamt herrscht Personalmangel. Das hat Auswirkungen. Die Öffnungszeiten sind eigeschränkt, seit August sind Fragen per Telefon oder vor Ort nur noch am Vormittag möglich. Am Nachmittag bleibt das Amt geschlossen. «Dies hat zur ­Folge, dass die Telefonleitungen oftmals überlastet sind, und auch der Verzug führt verständlicherweise zu Unmut bei den betroffenen Personen», bedauert Gemeindeschreiber Markus Gossweiler. Aktuell besteht ein Bearbeitungsrückstand von rund vier Wochen, obschon die ­Arbeitslast im Vergleich zum Vorjahr ungefähr gleichgeblieben ist.

Seit letzter Woche unterstützt das Team eine Springerin mit einem 60-Prozent-Pensum, ab Mitte Monat wird eine weitere mit 40 Prozent dazu stossen. Ab November ergänzen das Team eine Zivilstandsbeamtin in 40-prozentiger Festanstellung und eine Springerin mit gleichem Pensum. Der Gemeinderat hat die drei Springerinnen als Zivilstandsbeamtinnen ad interim bis Ende Jahr ernannt. «Wir sind überzeugt, dass durch die getroffenen Massnahmen die Situation ab spätestens November deutlich verbessert wird», schreibt Markus Gossweiler auf Anfrage. Dennoch werden so lediglich 230 von den benötigten 320 Stellenprozenten besetzt sein.

Einarbeiten braucht Zeit

Dieser Fachkräftemangel ist schweizweit zu beobachten, sagt Roland Peterhans, Präsident vom Schweizerischen Verband für Zivilstandswesen. Als Hauptursachen nennt er, dass viele nach einiger Zeit ihr Pensum reduzieren oder sich, wie auch in anderen Berufen, verändern wollen und ganz die Branche wechseln. «Was ich grundsätzlich super finde, bedeutet im Umkehrschluss, dass die Ämter immer wieder von vorne anfangen müssen.» Das Einarbeiten braucht Zeit, denn das Tätigkeitsfeld einer Zivilstandsbeamtin umfasst mehr als nur Eheschliessung. Sie beurkunden Geburten und ­Todesfälle, führen Namens- und Geschlechtsänderungen durch, verwalten sämtliche Einträge im Standesregister. In den letzten ­Jahren sind immer mehr neue Aufgaben dazu gekommen. Um dem personellen Engpass entgegenzuwirken, wird der Verband zusammen mit der Aufsichtsbehördenkonferenz eine entsprechende Arbeitsgruppe gründen.

Titel auf Bewährung

Das Menschen sich beruflich neu orientieren wollen, ist für die Branche auch ein Vorteil. «Die meisten waren am Anfang branchenfremd», erklärt Roland Peterhans. Wer ­Zivilstandsbeamtin oder -beamter werden will, muss vom Gesetz her lediglich zwei Voraussetzungen mitbringen: Die Schweizer Staatsbürgerschaft und einen Abschluss auf Niveau Sekundarstufe II. Wer die Prüfung für den eidgenössischen Fachausweis macht, muss Arbeitserfahrung auf dem Zivilstandsamt mitbringen. Was paradox klingt, ist in Wirklichkeit weniger kompliziert. Bei Berufseinstieg ist ein Fachausweis nicht zwingend. Nach der Probezeit können laut ­Roland Peterhans bereits alle Aufgaben übernommen werden. «Die Personen erhalten den Titel quasi auf Bewährung.» Vorausgesetzt, die eidgenössische Berufsprüfung wird innert drei Jahren abgelegt.

Eine Option, die für die Gemeinde Zollikon derzeit nicht mehr in Frage kommt. «In der aktuellen Situation können wir dies erst erwägen, wenn die Leitungsstelle besetzt ist», meint Markus Gossweiler. Für diese sei der Fachausweis für die Gemeinde zwingend. Die Suche nach einer geeigneten Person gestaltet sich «ausserordentlich schwierig». Die vakante Stelle ist noch ausgeschrieben. «Leider ist der Arbeitsmarkt gerade in diesem Bereich stark ausgetrocknet.»

Fachkräftemangel kennt auch der Zivilstandskreis Küsnacht, dem die Gemeinde Zumikon angehört. Wie Andrea Eisenring Punjabi, Leiterin Zivilstandsamt, auf Anfrage schreibt, mussten auch in Küsnacht die Öffnungszeiten dieses Jahr eingeschränkt und ein Springer eingesetzt werden. Anders als in Zollikon bildet das Zivilstandsamt Küsnacht aktuell eine Mitarbeiterin zum Erwerb des Fachausweises aus.

Nach Umbau mehr Privatsphäre

Neben den fehlenden Personalressourcen wartet auf das Zivilstandsamt Zollikon bis Ende Jahr eine weitere Herausforderung: Die seit 1940 bestehende Liegenschaft wird umgebaut. Am Montag vor einer Woche haben die Bauarbeiten ­begonnen, die voraussichtlich bis Ende Jahr dauern. Während der Bauzeit können keine Trauungen angeboten werden. «Wenn aufgrund der persönlichen Umstände die Trauung dringend in Zollikon statt­finden muss, suchen unsere Mitarbeiterinnen zusammen mit den Brautleuten eine Lösung», erklärt Markus Gossweiler.

Die Funktionalität sei verbesserungswürdig, die bestehenden Schalterbereiche entsprechen nicht mehr den Vorgaben des Datenschutzes, schreibt der Gemeinderat in seinem Sitzungsbericht Ende September. Eine neue Schallschutzdecke soll das Risiko des Mithörens verringern. Und die Arbeitsplätze werden so eingerichtet, dass die Bildschirme von vorne nicht mehr einsehbar sind, erklärt Markus Gossweiler. Nach dem Umbau wird das Zivilstandsamt neu im Seitenflügel neben der Einwohnerkontrolle untergebracht. Ausserdem wird das Trauzimmer vergrössert und umgestaltet, ein neues Sitzungszimmer eingebaut und die Zugänglichkeit für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sichergestellt.

Insgesamt elf Unternehmen hat die Gemeinde für die Bauarbeiten einen Auftrag erteilt; nur drei sind aus Zollikon. Darauf angesprochen, entgegnet der Gemeindeschreiber, dass die Vergabe nach Submissionsrichtlinien an denjenigen Anbieter mit dem besten Preis-/Leistungsverhältnis zu erfolgen hatte.

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