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Neue Krippenfiguren in der Kirche

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 22. Dezember 2023

Sophie Lechner hat sich für die reformierte Kirche an die Töpferscheibe gesetzt. Ihre Künstlerkarriere führte von Japan nach Zumikon.

In ihrer Werkstatt modellierte Sophie Lechner die Krippenfiguren. Nun warten sie in der reformierten Kirche auf Interessierte. (Bild: bms)
In ihrer Werkstatt modellierte Sophie Lechner die Krippenfiguren. Nun warten sie in der reformierten Kirche auf Interessierte. (Bild: bms)

Maria beugt sich über das Kind, scheint ganz versunken. Joseph steht mit stolzem Blick hinter ihr. Die Könige sind auch schon da, und ein paar Hirten mit Schafen warten im Hintergrund. Das sind die neuen Krippenfiguren in der reformierten Kirche Zumikon. Geschaffen hat sie die Zumiker Keramikerin Sophie Lechner.

Als sie vergangenes Jahr in der ­Galerie Milchhütte ausstellte, war auch Pfarrerin Adelheid Jewanski unter den Besucherinnen und fragte vorsichtig, ob Sophie Lechner nicht neue, grosse Krippenfiguren modellieren könnte. Konnte sie. Denn ­eigentlich gibt es nichts, was die ­Zumikerin aus Ton nicht herstellen kann. Ein Gang durch ihre Werkstatt lässt staunen. Natürlich gibt es da Vasen – in jeder Form und jeder Grösse. Aber auch getöpfertes Geschirr mit Pfiff. Eine Kaffeetasse mit Katzengesicht, dreieckige Teller oder sanft geschwungene Schüsseln.

Patriarchale Sitten

Sophie Lechner hat reichlich Platz, sich auszubreiten – den braucht sie auch. In einem Raum stehen die Brennöfen, im Lager biegen sich die Regale unter den Arbeiten. Auch im Garten ist zu sehen, wie kreativ die Seniorin ist. Da liegt eine schwangere Frau, ein Kleinkind klettert über ihre Beine. Neben der Haustür lacht ein keckes Gesicht. Im Gäste-WC ist das Lavabo selbstgetöpfert. Wer länger im Haus weilt, wird wahrscheinlich immer neue Arbeiten entdecken. Gefühlt hat ­Sophie Lechner schon immer getöpfert. Begonnen hat sie in Japan. Nach der Matura in Zürich hätte sich die junge Frau gern an der Uni immatrikuliert. «Doch weil ich ein Mädchen war, haben meine Eltern das nicht erlaubt.» Der Bruder dagegen durfte studieren. Immerhin konnte sie eine Ausbildung zur Lehrerin machen. «Eigentlich tat ich das nur, um Geld zu verdienen und mir das Studium finanzieren zu können. Doch dann merkte ich, dass die Arbeit an der Schule gar nicht so schlecht war.»

Lehrerin und Dolmetscherin

Nebenbei begann sie, einer Brieffreundin aus Japan zu schreiben. Diese schlug schnell vor: «Komm mich doch mal besuchen.» Und da der Mann ihrer Cousine Verbindungen nach Japan hatte, fuhr die ­damals 22-Jährige – erst nach New York, Las Vegas und San Francisco. Dann bestieg sie das Schiff nach ­Japan, wo sie wiederum als Lehrerin Arbeit fand. An einer kanadischen Schule unterrichtete sie Latein, Französisch und Gymnastik. Weil Schule und Schweizer Club allein sie langweilten, hospitierte sie in der Töpferei eines bekannten japanischen Künstlers. Und da sie auch Japanisch lernte, wurde sie als Dolmetscherin für die Besucher aus den USA eingesetzt.

Es sei eine spannende Zeit gewesen, aber nach anderthalb Jahren zog es sie nach Hause in die Schweiz. Sie konnte wieder in der alten Schule unterrichten. Dann kam das Angebot, in einem Handwerkszen­trum in Nepal eine Töpferwerkstatt aufzubauen. Doch der politische Umsturz hielt sie ab. Parallel lernte Sophie Lechner ihren späteren Mann kennen. Also töpferte sie in der Schweiz weiter. Das Paar wohnte in einem alten Bauernhaus, und Sophie Lechner baute sich ­einen japanischen Holzofen, um ihre ­Arbeiten zu brennen. «Das war damals eine Rarität.»

Besondere Mimik

Als sie zehn Jahre später in die ­Bebauung Seldwyla zogen, habe ihr Mann ihr wieder eine wunderschöne Werkstatt eingerichtet. Sophie Lechner war nicht nur an der Töpferscheibe aktiv, sie stellte auch oft aus, suchte Kunden, bekam Aufträge. Bildbände demonstrieren ihre enorme Schaffenskraft. Was immer wieder auffällt, sind die besonderen Gesichtsausdrücke ihrer Skulpturen. Die wirken mal fröhlich oder auch verwegen, mal pfiffig oder verträumt. Trotz des eher rauen Materials schafft sie es, ihren Figuren eine besondere Mimik zu geben. Auch den Krippenfiguren, die vergangene Woche die Reise von der Werkstatt in die Kirche antraten. Während der Adventszeit sind Maria und Joseph, die Hirten und die Könige in der offenen Kirche zu besuchen.

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