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Lebensziele und Lebensglück

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 19. Januar 2024

«Im Winter gibt es keine Stachelbeeren mehr». Sabine Mayr legt ihren Debütroman vor. Das nächste Manuskript ist auch schon fertig.

Kinderärztin und Buchautorin: Sabine Mayr setzt zwei ganz unterschiedliche Frauen in Szene. (Bild: zvg)
Kinderärztin und Buchautorin: Sabine Mayr setzt zwei ganz unterschiedliche Frauen in Szene. (Bild: zvg)

Eigentlich kennt man Sabine Mayr in Zumikon als engagierte Kinderärztin. Doch nun zeigt sie noch eine andere Seite: Sie publizierte ihren ersten Roman im Novum-Verlag. Ein Ausgleich zu ihrem Beruf. Nach dem Medizinstudium in Deutschland war sie in München im Dr. von Haunerschen Universitätskinderspital tätig, ehe sie in die Schweiz umzog und den Facharzt im Kinderspital Zürich ­abschloss. Nach Verpflichtungen in der Neonatologie des Universitätsspitals Zürich und im Spital Zollikerberg kam sie als Kinderärztin in die Praxis Zumimed nach Zumikon. Es folgten vier Jahre in den USA, wo ihr Mann seine berufliche Zukunft fand. Als Ärztin konnte sie in Amerika nicht klinisch arbeiten, engagierte sich aber bei einer Non-Profit-Organisation, die sich an Schulen um «mental und physical health» kümmerte.

Zurück aus den USA bildete sie sich am Kinderspital weiter und ist mittlerweile in der Praxis Zumimed nicht mehr für Husten, Schnupfen und Impfungen zuständig, sondern in ihrem Spezialgebiet Entwicklungspädiatrie. Sie kümmert sich um Kinder, die in irgendeiner Form auffällig sind, sei es durch Sprache, Motorik, Kognition, Aufmerksamkeit oder in der sozio-emotionalen Entwicklung. «Wobei die Diagnostik im letzten Bereich am schwierigsten ist», erklärt sie. Die Ärztin macht Abklärungen für ADHS und auch Voruntersuchungen für Kinder, die mit Verdacht auf Autismus zu ihr kommen. Was ihr während der ­Arbeit eindeutig auffällt: Seit der ­Coronazeit seien Konzentration und Leseleistung bei vielen Kindern zurückgegangen. Die vermehrte Mediennutzung hinterlasse Spuren. Sie untersuche jedes Kind und Jugendlichen mit grossem Interesse, sehe stets das Individuum mit seinen Stärken und Ressourcen, nicht nur die Auffälligkeit. Neben der Freude an der Arbeit mit Kindern findet sie auch Erfüllung beim Schreiben. «Das Schöne ist, ich kann mir jede Szene zigmal überlegen und optimieren, bis sie mir gefällt. Ich bin in meiner Kreativität völlig frei.»

Das Lesen habe sie schon früh entdeckt. 13 Jahre lang war sie Einzelkind, bis dann der erste Bruder kam (vier weitere sollten noch folgen). Mit Büchern tauchte sie in neue Welten ein. Mit ihrem Erstling hat sie nun ihre eigene fiktionale Welt erschaffen.

Die Frage nach dem Sinn

In ihrem Roman stellt sie zwei Frauen vor, die mit der Diagnose Krebs viel zu jung mit dem Tod konfrontiert sind und sich der Frage nach der Lebenszufriedenheit stellen. «Am Ende blickt man auf sein ­
Leben wie auf ein Röntgenbild. Die Stellen, an denen die Strahlen nicht von etwas Dichtem reflektiert werden, erscheinen schwarz. Wann ist es zu spät, die schwarzen Löcher zu füllen?» Die Leserin lernt zunächst in Rückblicken Sonja kennen, welche die Familie vor ihre Karriere stellt. Ronja hingegen opfert Beziehungen für ihre berufliche Laufbahn. Beide sind von Brustkrebs betroffen. Am Ende stellt sich die Frage: Wer hat es richtig gemacht? «Genau diese Frage lässt sich nicht beantworten», findet ­Sabine Mayr. Es sei doch wichtig, für sich selbst den richtigen Weg zu wählen, auf die eigene innere Stimme zu hören, um den Sinn und das Erfüllende im Leben zu finden. Erwartungen von aussen, aber auch der übermässige Anspruch auf ein perfektes Leben, oftmals getriggert durch den neidvollen Blick auf das vermeintlich perfekte Leben anderer, verhindern Zufriedenheit mit dem eigenen Erreichten. «Die beiden Frauen sterben am Ende. Aber sie gehen selbstbestimmt – das hat sich richtig angefühlt.» Nein, sie habe den Protagonistinnen nicht hinterher getrauert. «Ich hatte schon die nächste Geschichte im Kopf, die ich unbedingt zu Papier bringen wollte.»

Wieviel KI darf es sein?

In dieser Geschichte geht es um KI. Ihre Hauptfigur ist diesmal männlich, ein Schriftsteller. Der Titel
soll «Sakura – Kirschblüte» lauten. Doch bis zum Erscheinen wird es wohl noch dauern. Noch sucht ­Sabine Mayr einen Verlag für das Manuskript. «Das ist wie die ganze Bürokratie in der Medizin einfach lästig, aber notwendig.»

Die Küsnachterin erzählt mit so viel Tempo, dass es nicht verwundert, bereits von Ideen für das dritte Buch zu hören. Die Eltern in Zumikon müssen sich aber keine Sorgen um die medizinische Versorgung ihrer Kinder machen: Beide Töchter von Sabine Mayr sind beruflich in die Fussstapfen der Mutter getreten.

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