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«Angst ist kein guter Ratgeber»

Von Franca Siegfried ‒ 5. April 2024

Polizeichef Peter Zimmermann über Einbruchschutz, Polizeirapporte der letzten Winter­monate und 16 Prozent mehr Einbrüche in der Gemeinde Zollikon. Im Kanton Zürich sind es bis zu 25 Prozent.

Polizeichef Peter Zimmermann betont, wie wichtig eine Zusammenarbeit mit der Bevölkerung ist, wie hier am Blaulichttag 2023. (Bild: cef)
Polizeichef Peter Zimmermann betont, wie wichtig eine Zusammenarbeit mit der Bevölkerung ist, wie hier am Blaulichttag 2023. (Bild: cef)

In der Nacht auf Oster­sonntag war es soweit – die Zeitumstellung für das Sommerhalbjahr. Der Vorteil, dass sich dadurch Energie sparen lässt, wird seit der Einführung im Jahr 1981 immer noch diskutiert. Unbestritten war jedoch, dass die Zeitumstellung die Arbeit der Polizei erleichtern wird. Abends eine Stunde heller, das müsste sich auf den «Modus Operandi», das Verhalten von Täter auswirken.

Seit mehreren Jahren sensibilisiert eine entsprechende Kampagne «Verdacht – Ruf an! Einbrecher ­können Ihnen auffallen, wenn Sie Augen und Ohren offenhalten. Benachrichtigen Sie über die Telefonnummer 117 umgehend die Polizei …» Die Präventionskampagne namens «INDUE», von der Kantonspolizei Zürich vor rund zehn Jahren initiiert, startete bisher immer mit dem Nationalen Tag des Einbruchschutzes Ende Oktober und dauerte rund vier Monate. Mittlerweile haben sich alle Deutschschweizer Kantone (ausser Bern und Jura) angeschlossen.

Corona mit viel weniger Einbrüchen

Ende der Winterzeit treffen sich Vertreter der Deutschschweizer ­Polizeikorps an einer Tagung und tauscht ihre Erfahrungen aus. Das Verhalten der Einbrecher lässt sich anhand bestehender Polizeirapporte gut erfassen. Peter Zimmermann, Chef der Kommunalpolizei Zollikon, vertritt jeweils das kommunale Polizeikorps des Kantons Zürich. Festgestellt wurde, dass die Einbruchzahlen in Wohnobjekte im vergangenen Jahr im ganzen Kampagnengebiet um rund 25 Prozent gestiegen und Delikte in Geschäftsobjekten eher gesunken sind. Während der Coronajahre und kurz ­danach gab es jedoch so wenig Einbrüche wie noch nie.

Einschleichen und stehlen

In der Stadt Zürich hat sich eine Szene von Beschaffungskriminellen auf Kellereinbrüche in Mehr­familienhäuser spezialisiert. «Auch im Kanton Zürich haben die Einbruchdiebstähle um 25, in Zollikon gemäss Statistik um 16 Prozent ­zugenommen», sagt Peter Zimmermann. «Alle Kantone bestätigten, dass sich das Phänomen Einschleichdiebstähle seit der Pandemie massiv entwickelt hat.» Unverschlossene Haus-, Wohnungs- und Autotüren sind für Männer aus den Maghreb Staaten eine grosse Versuchung. «Sie stehlen ohne Gewalteinwirkung. Es sind Beschaffungskriminelle, die meisten sind abhängig von Medikamenten.» Meistens leben sie in Asylzentren, dort ist zwar Drogenkonsum nicht erlaubt, jedoch die Einnahme von Medikamenten. Viele sind vom Wirkstoff Prega­balin abhängig. In Medikamenten zur Vorbeugung epileptischer ­Anfälle wirkt der Stoff sedierend, besonders in Kombination mit Alkohol. «Die Täter räumen unverschlossene Autos aus, nehmen alles mit, etwa auch das Set zum Pneu flicken. Es geschieht häufig, daher ist es schwierig, in dieser Masse die Täter zu erwischen.» Die Kommunalpolizei ist dieses Jahr besonders gefragt, sich für die Prävention und Sensibilisierung der Bevölkerung einzusetzen. Wichtig seien Hinweise der Bürgerinnen und Bürger. «Darauf sind wir angewiesen. Bei ­Verdacht lieber einmal zu früh anrufen.»

Als Tourist getarnt

Drohnen mit Wärmebildkamera werden für die Fahndung wichtig: «So haben wir eine grössere Chance Täter zu erwischen.» Die Gemeinde Küsnacht gilt als Vorreiterin, sie hat bereits ausgebildete Drohnenpiloten im Einsatz. Bei der Kantonspolizei werde ein Drohnenzentrum aufgebaut. Die Aufgabenteilung zwischen Kantons- und Kommunalpolizei ist im Polizeiorganisationsgesetz geregelt. Gemäss diesem ist die Kommunalpolizei nicht befugt, alle Fälle selbst zu bearbeiten. Diese erledigt aber sehr oft den «Erstangriff», da sie mit kurzen ­Anfahrtswegen schneller vor Ort ist. Sie darf nur Straftaten im Übertretungsbereich rapportieren; handelt es sich um Vergehen oder gar Verbrechen, werden diese durch die Kantonspolizei rapportiert. ­Peter Zimmermann: «Wir sind insgesamt acht Polizistinnen und Polizisten in Zollikon.» Während der Aktion «INDUE» komme es an der Goldküste vermehrt vor, dass die Kantonspolizei Zürich während der Dämmerung an verschiedenen neuralgischen Punkten gleichzeitig Autofahrer kontrolliert. Dadurch will man Präsenz markieren und mögliche Einbrecher aufspüren. Die Kontrollen werden jeweils ­anhand der Einbruchzahlen der jeweiligen Regionen kurzfristig geplant. Das Verhalten professioneller Täter habe sich verändert: «Sie reisen als Touristen, mieten ein Auto, bleiben zwei bis drei Tage und reservieren Zimmer bei Buchungsplattformen im Internet.»

Vorsicht als Ratgeber

Täterschaft und Polizei liefern sich öfters Katz-und-Maus-Spiele, da die Täter mittlerweile den Föderalismus kennen und wissen, dass die Kantone im Datenaustausch nicht besonders fix sind. Vor rund zwei Jahren wurden während der Kampagnenzeit auch vermehrt ­Tageseinbrüche verübt. Aktuell geht jedoch die Tendenz wieder eindeutig in Richtung Dämmerungseinbrüche. Bereits Ende September haben die Einbrüche zugenommen. Deshalb hat die Kantonspolizei Zürich beim Bund beantragt, den Nationalen Tag des Einbruchschutzes schon Ende September zu lancieren: Die Kampagne wird also neu am 30. September 2024 gestartet. Peter Zimmermann rät jedoch zur Prävention im ganzen Jahr: «Licht! Licht! Genug Licht im Haus oder in der Wohnung brennen lassen, wenn nötig mit Lichtschaltuhr. Immer alle Türen abschliessen und Fenster sichern – das gilt auch für das Auto.» Es ist dem Polizeichef ein Anliegen, dass sich trotz Kriminalstatistik die Bevölkerung ­sicher fühlt. «Angst ist kein guter Ratgeber – Vorsicht jedoch schon.»

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