Suche

Eine Frage der Verantwortung

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 5. April 2024

Der Zumiker Kulturkreis lud zu einem spannenden Abend rund um die künstliche Intelligenz. Ein Plädoyer für die vielfältigen Möglichkeiten der Technologie.

Sie schätzt die Technologie und fürchtet ein bisschen den Menschen: Daliath Steiger-Gablinger bot einen rasanten Einblick in die Welt der künstlichen Intelligenz. (Bild: bms)
Sie schätzt die Technologie und fürchtet ein bisschen den Menschen: Daliath Steiger-Gablinger bot einen rasanten Einblick in die Welt der künstlichen Intelligenz. (Bild: bms)

Kein Feld, das zurzeit nicht argwöhnisch auf die Aus­wirkungen künstlicher Intelligenz ­untersucht wird. Was macht die KI in der Medizin? In der Wissenschaft? Wie wirkt sie sich in unserem ­Sozialleben aus? Was die menschengemachte Methode in unserem Alltag, in unserer Zukunft aus- und anrichtet, weiss Daliath Steiger-Gablinger.

Auf Einladung des Zumiker Kulturkreises war sie vergangenen Dienstagabend zu Gast im sehr gut besetzten Kirchgemeindesaal. Es wäre wohl kaum eine kompetentere ­Referentin zu finden gewesen. Die ehemalige Zumikerin ist Mitbegründerin des preisgekrönten KI-Start-ups «SwissCognitive» und der CognitiveValley Foundation. Sie hat in Zürich Mathematik und Wirtschaftsinformatik studiert und ist international gefragt in der Strategieberatung im Feld der künstlichen Intelligenz. Als Dozentin unterrichtet die Wissenschaftlerin in Luzern, Paris und Genf. Wie wandelbar sie dabei ist, zeigen ihre bevorzugten Schuhe: Sportschuhe und High Heels. Je nach Anlass.

Einfacher und sicherer

Stilsicher wanderte sie auch auf den Spuren der künstlichen Intelligenz durch unser Leben. Wichtig sei vor allem, keine Angst vor der KI zu haben. «Technologie soll uns helfen, unseren Alltag einfacher und sicherer zu machen.» Dabei unterstrich sie, dass sie den Begriff der KI nicht mag. Bei einem Flugzeug würden wir auch nicht von einem «künstlichen Vogel» reden. Mit einer gängigen Einschätzung räumte sie gleich zu Anfang auf: Es sei nicht die Technologie, die uns vielleicht die Arbeit wegnehme. Es seien Menschen, die die neue Technologie besser einsetzen könnten. Wie schnell kann ein Förster in einem Wald die kranken Bäume finden? Wie schnell jemand, der eine Drohne durch den Forst lenken kann? Der Mensch könne selten effizienter als die Maschine sein. Vielleicht sei es die Chance, die gewonnene Zeit besser zu nutzen.

Eindrücklich zeigte sie, wieviel Intelligenz uns schon umgibt: Lichtschalter werden überflüssig, weil Sensoren bei Bewegung für Helligkeit sorgen. Die Heizung ist programmiert und heizt kein leeres Haus. Das Telefon wählt auf Zuruf die richtige Nummer – oder schlägt Alarm, wenn sich der Besitzer zu lange nicht gemeldet hat.

Technologie ist willkommen, um unseren Alltag bequemer zu gestalten. Das belegen Untersuchungen. Das habe mit der Waschmaschine begonnen und sei mit WhatsApp noch nicht zu Ende. Doch um diesen Weg mit leichtem Schritt weitergehen zu können, sollten wir lernen umzudenken. «Wir müssen alte Glaubenssätze über Bord werfen.» Das menschliche Gehirn – so schlau es auch sein mag – stosse irgendwann an seine Grenzen. Die programmierte Intelligenz, aufgebaut auf Algorithmen, kenne diese Grenzen nicht. Besonders am Herzen liegt Daliath Steiger-Gablinger der Einsatz im medizinischen Bereich. «Wenn wir damit Leben retten können, sind wir verpflichtet, die Möglichkeiten der KI auszunutzen.» So spricht sie sich auch für einen transparenten Austausch von Krankendaten aus – im Sinne der Forschung.

Das grosse Aber

Mittlerweile hat ChatGPT in viele Büros und auch Redaktionen Einzug gehalten. Im Gegensatz zum Googeln sei beim Prompting der Nutzer gefordert. Nur wer bei intelligenten Programmen die richtigen Fragen stelle, bekomme auch die passenden Antworten. «Vielleicht können die Schüler demnächst nicht mehr mit der Hand schreiben – aber sie können kreativ denken.» Leider kam der kreative Aspekt etwas zu kurz, stand der Vortrag doch unter dem Motto: «Auswirkungen der KI in der Kultur.»

Es gibt natürlich das grosse Aber mit Blick auf die künstliche Intelligenz. «Flugzeuge sind da, um von A nach B zu kommen, und nicht, um in Hochhäuser zu fliegen.» Mit Nachdruck erklärte die Referentin: «Die Technologie ist gut. Der Mensch kann schlecht sein. Wenn wir über die Ethik der KI reden, müssen wir entscheiden, wer die Ethik definiert.» Ihr Fazit: Künstliche Intelligenz kann sehr viele positive Effekte haben – und auch negative. So wie ein Skalpell verletzen oder zur Genesung verhelfen kann. So wie ein Flugzeug Hilfsgüter oder Bomben abwerfen kann. Es kommt immer darauf an, wer mit welcher Intention handelt. «Wir dürfen und sollen nicht alles der Technologie überlassen. Wir sollen nicht alles glauben. Wir müssen aber immer die Verantwortung übernehmen.»

Blamage für ChatGPT
Folgendes meint ChatGPT über die Referentin zu wissen: «Daliath Steiger-­Gablinger ist eine Künstlerin und Autorin aus der Schweiz. Sie ist bekannt für ihre vielseitigen künstlerischen Arbeiten, die sich oft mit Themen wie Natur, Spiritualität und Menschlichkeit befassen. Ihre Werke wurden bereits in verschiedenen Ausstellungen und Publikationen präsentiert. Daliath Steiger-Gablinger ist eine inspirierende Persönlichkeit, die durch ihre Schriften und Kunst viele Menschen berührt und zum Nachdenken anregt.»
Nein. Sie ist keine Künstlerin. Sie beschäftigt sich nicht mit Natur, nicht mit Spiritualität und nicht mit Menschlichkeit. Das ist nicht weiter schlimm. Schlimm ist, dass ChatGPT so tut, als kenne er die Antwort. Ja, Technologie kann uns helfen. Aber nicht, wenn sie offenbar Angst hat, sich zu blamieren und lieber irgendetwas behauptet, anstatt zu sagen: Ich weiss es nicht. Das ist wohl der gravierende Unterschied: Menschen wissen, dass sie fehlbar sind. Nur aus Fehlern kann man lernen. Vielleicht sollten wir das der KI einfach weiter verschweigen.

Werbung

Verwandte Artikel

Newsletter

Abonnieren Sie unseren wöchentlichen Newsletter und lesen sie die neusten Artikel einen Tag vor der Print-Veröffentlichung.

ANMELDEN

Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.