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Tram-Rochade

Von Franca Siegfried ‒ 19. April 2024

Das Projekt «Tramnetz Süd» initiiert eine Rochade zur besseren Erschliessung des Spitalquartiers Lengg. Ab 2026 wird der 11er durch die Tramlinien 4 und 5 ersetzt. Der besorgte Quartierverein Zollikerberg schlägt eine Lösung zugunsten des Zollikerbergs vor.

Tramnummer 11 kann auch mal ein Bus sein – ab 2026 werden jedoch zwei neue Tramlinien bis Rehalp, Grenze Zollikon, fahren. (Bild: cef)
Tramnummer 11 kann auch mal ein Bus sein – ab 2026 werden jedoch zwei neue Tramlinien bis Rehalp, Grenze Zollikon, fahren. (Bild: cef)

Die Erschliessung des Spitalquartiers Lengg mit bald sechs Kliniken – das neue Kinderspital eröffnet im November – steckt noch in den Anfängen. Aktuell betreuen im Spitalquartier rund 9000 Mitarbeitende 50 000 Patientinnen und Patienten pro Jahr, hinzu kommt der tägliche Besucherstrom. Die Buslinien 99 und 910 von Zollikon her, die seit einem Jahr das Gebiet bedienen, sind ein bescheidener Anfang. Mit dem «Tramnetz Süd» soll ab 2026 eine eigentliche Rochade geschehen, damit der Gesundheitscluster als innovativster Impulsgeber der Spitzenmedizin auch über einen angemessenen öffentlichen Verkehr verfügt. Das Projekt, in enger Absprache mit betroffenen Quartieren erarbeitet, werde die Kapazität zwischen Stadelhofen und Rehalp in Stosszeiten verdoppeln, schreibt die VBZ.

Längeres Tramnetz

Was sich hinter der Kulisse zur ­Lösungsfindung abspielt, lässt sich nur erahnen. Der Quartierverein Zollikerberg jedenfalls ist besorgt; er wurde nicht kontaktiert: «Das Projekt der VBZ beschränkt sich leider auf Anpassungen auf Stadtgebiet», sagt Fritz Wolf, Vorstand des Quartiervereins. «Auf der ­Achse Stadelhofen–Rehalp verkehren Trams und die Forchbahn in die Agglomeration. Deshalb sollte das Projekt mit den beiden neuen Tramlinien bis Rehalp auch die gesteigerte Nachfrage in der Agglomeration, vor allem Zollikerberg, miteinbeziehen. Die Forchbahn ist schon heute stadtauswärts bis Balgrist stark belegt.» Daher hat nun der Quartierverein in der öffentlichen Ausschreibung den Vorschlag einer Lösung eingereicht, die gemäss einer fast 30jährigen Studie gut machbar ist: 1995 hatte die VBZ einem Team von Wolf Kropf & Partner (heute Synaxis AG) mit einer Machbarkeitsstudie zur Verlängerung der Tramlinie 11 bis Zollikerberg beauftragt. Die neue Wendeschleife nach der Station Zollikerberg war im freien Feld vorgesehen.

Aus elf wird vier und fünf

Das Projekt «Tramnetz Süd» initiiert eine Rochade. Vorbei die Zeiten des wartenden Trams bei der Rehalp mit der kleinsten Schnapszahl elf auf tannengrünem Schild. Tramnummern vermitteln immer auch ein Heimatgefühl. Ab 2026 wird die Nummer 11 von den Tramlinien 4 und 5 ersetzt. Dazu sagt Fritz Wolf: «Wir schlagen deshalb vor, dass nur die Tramlinie 4 in der Rehalp wendet und die 5 in den Hauptverkehrszeiten bis zur neuen Wendeschlaufe im Zollikerberg geführt wird. Auf die zusätzliche Wendeschlaufe in der Rehalp mit den engen Platzverhältnissen kann dann verzichtet werden. Das ergibt nicht nur eine Verbesserung für das Spitalzentrum im Raum Balgrist, sondern auch für den Zollikerberg mit seinem ebenfalls regional bedeutenden Gesundheitszentrum.» Der Zolliker Gemeindepräsident ­Sascha Ullman kennt die Eingabe des Quartiervereins. «Wir haben die Begehren im Gemeinderat letzte Woche bereits diskutiert und beschlossen.» Zur Tramverlängerung nimmt der Gemeinderat zusammengefasst wie folgt Stellung: Bereits 2016 bis 2019 wurde auf Anregung des Quartiervereins hin die Tramverlängerung eingehend geprüft, jedoch aus technischen Überlegungen verworfen. Der Gemeinderat vertraut den Abklärungen und dem Fachwissen der Fachleute und lehnt eine Tramverlängerung ab. Jedoch beantragt er weiterhin, dass die Forchbahn im Zollikerberg als Tram betrieben wird.

Der Verkehrsrat bestimmt

«Im Auftrag des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) werden alle Fahrpläne in einem Zwei-Jahres-Rhythmus besprochen, die Änderungen öffentlich ausgeschrieben, damit die Bevölkerung sich äussern kann», erklärt Sascha Ullmann. Das letzte Wort hat jedoch der Verkehrsrat des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV). «Neun Personen vertreten den Kanton, die Städte Zürich und Winterthur, die Gemeinden, die SBB und den Bund.» Der Verkehrsrat entscheidet grundsätzlich in allen Geschäften, die nicht ausdrücklich dem Regierungsrat vorbehalten sind.

Vom Rösslitram bis heute

1990 haben sich über 30 Zürcher Verkehrsbetriebe zu einem Verkehrsverbund mit einheitlichen ­Tarifen zusammengeschlossen. Der ZVV war der erste und ist immer noch der grösste Verkehrsverbund der Schweiz. Was einst in Zürich 1882 mit einem Rösslitram anfing, folgte der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung. «So entstand 2022 die Idee der zweiten Tramlinie, damit der Mehrverkehr in das Gesundheitszentrum Lengg bewältigt werden kann.» Als Mitglied der Steuerungsgruppe Lengg gibt der Zolliker Gemeindepräsident einen kurzen Blick hinter die Kulisse: «Die Überlegungen waren zunächst auf den Hauptbahnhof als Ziel fokussiert, bis man realisierte, dass das zweite Tram ab Bahnhof Zürich Enge eine sinnvolle Ergänzung ist für den Pendler- und Besucherstrom nach Lengg.» Daher werden im Jahr 2026 Nostalgiker dem 11er-Tram nach Rehalp nachweinen müssen.

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