Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 1. Juli 2021
Von der Miniplayback-Show über Indoor-Cycling bis zu Hip-Hop-Yoga und Lady-Style-Dance.
Es scheint, als wäre Selin Öksüz die Inkarnation des Duracell-Hasen. Wenn alle anderen ausgepowert sind, strahlt sie noch Energie pur aus. So ist es nur logisch, dass sie immer in Bewegung ist. Aktuell gibt sie TikTok/HipHop-Tanzkurse für Kids und Teenies, unter anderem in Zumikon. Richtig durchstarten damit will sie im Herbst und neben regulären, wöchentlichen Kursen auch Intensiv-Dance-Camps für Kinder und Jugendliche leiten, als auch Lady-Style-Retreats für Frauen, in denen Yoga und High-Heels-Dance verbunden werden. Yoga mit High Heels und sinnlich? Bei Selin ist das die perfekte Kombination, um sich frei mit der individuellen Weiblichkeit der Musik hinzugeben.
Grundsätzlich liebt es die 33-Jährige, verschiedene Welten zusammenzubringen. Das Leben der gebürtigen Kölnerin ist geprägt von Tanz und Musik. Dreijährig begann sie mit Ballett. Drei Jahre übte sie brav, dann löste sich der Kurs auf. Da entdeckte die kleine Selin auf dem Heimweg von der Schule ein Tanzstudio und ging einfach rein. Die Besitzerin konnte das Mädchen vor dem Tresen zwar nicht sehen, hörte aber deutlich die Frage: «Macht ihr auch Ballett?» Ballett gab es nicht, aber andere Tanzstile, und Selin blieb. Sie machte kreativen Kindertanz, Hip Hop und Street Jazz und auch bei der «DJ Bobo Dance Factory» mit, trat auch in der Miniplayback-Show auf. Gesang war nämlich in der türkischen Familie omnipräsent. Ihr Vater ist Sänger und Musiker und neben den 90er-Hits auf MTV und VIVA wuchs Selin auf grossen türkischen Hochzeiten à la 1001 Nacht auf. «Ich stand da oft neben meinem Vater mit auf der Bühne. Rampenlicht hat mir noch nie Angst gemacht.» Und da Selin mit einem Bauklotz als Mikro-Ersatz gern performte, meldete ihre Mutter die Siebenjährige kurzerhand bei der Miniplayback-Show an. «Nach einem grossen Casting wurde ich zur Show eingeladen. Zu den Aufnahmen in Amsterdam sind meine Familie, Freunde und Nachbarn mit einem Doppeldecker-Bus angereist.»
Das blieb, neben Engagements als Sängerin der Big Band ihres Gymnasiums, ein Ausflug in die Welt des Gesangs. Neben der Schule wurde immer nur getanzt. «Mit zehn Jahren war ich Assistentin meiner Tanzlehrerin. Sie hatte eine Knieverletzung, also musste ich vortanzen.» Zwischen dem Abitur und dem Bachelor für mehrsprachige Kommunikation arbeitete sie ab 16 Jahren als Tanzlehrerin und professionelle Tänzerin für verschiedene TV-Shows und Events. Sie liess sich in Los Angeles und Köln bei Star-Choreographen weiterbilden und verband Fernweh mit der Anstellung als künstlerische Leiterin bei grossen Clubanlagen wie Robinson Club. So kam sie von Antalya nach Fuerteventura und über Korfu nach Österreich – und entdeckte im Salzburger Land ihre Liebe zu den Bergen.
Ihr Lebensweg führte zu einem Auslandssemester weiter nach Paris, wo sie ihr Bachelor-Studium abschloss und weitere vier Jahre lebte. Durch das Tanzen wurde sie dort als Indoor-Cycling-Coach rekrutiert. «Das ist seit ‹SoulCycle› in den USA jetzt auch in Europa der totale Boom. Die Klassen sind rappelvoll.» Sie merkte, dass die bis 12 Cycling-Sessions pro Woche zu viel Energie in Anspruch nahmen, dass das Tanzen ihr fehlte – und die hektische, angespannte Stadt ihr nicht gut tat. Sie erlebte die Terroranschläge von Paris und ihren persönlichen Tiefschlag. Sie wollte weg aus der Hauptstadt, wusste aber nicht wohin. «Zurück nach Deutschland hätte sich wie eine Niederlage angefühlt.» Sie stiess bei ihrer Suche nach Sinn und Ziel auf Laura Marlina Seiler und hörte den deutschen Podcast in einsamen Momenten in ihrer Pariser Mini-Maisonette. «Ihre moderne Spiritualität hat mich berührt und mich mehr mit meiner inneren Welt verbunden.» Yoga war für Selin Öksüz schon immer ein schleichender Wegbegleiter. Sie hörte auf ihr Herz, entschied sich zu einer Yoga-Ausbildung in Indien. Doch an ihrem allerletzten Wochenende in Paris stand plötzlich ein Schweizer Ehepaar vor ihr. Sie hatten an Selins Cycling-Stunde teilgenommen und warben sie ab für ihr neues Cyling-Studio in Zürich.
«So kam ich nach der Yoga-Ausbildung mit meinem Backpacker-Rucksack hier an und fühlte mich gleich wohl.» Sie fand innerhalb eines Monats (!) eine Wohnung für sich, Hund und Kater. Das ist zwei Jahre her, und sie hat Zürich lieben gelernt. Die Kombination mit See und Bergen, die Modernität ohne Hektik, die Mentalität liegen ihr. «Ich bin mit offenen Armen aufgenommen worden», schwärmt sie. Neben ihrer Festanstellung als Cycling-Instructor hat sie sich während und trotz der globalen Lage mit Lockdowns und Einschränkungen ihre Selbstständigkeit in Tanz und Yoga aufgebaut. Einen grossen Zuspruch erhielt unter anderem ihr TikTok/HipHop- Tanzkurs-Angebot. «Über Tiktok kann ich die Kids erreichen, ihnen dann mehr zum tänzerischen Hintergrund weitergeben und auch die ‹richtige› HipHop-Tanzkultur vermitteln.»
Demnächst wird sie ihre Anstellung aufgeben und sich ganz selbstständig machen. Im Sommer wird sie noch die fortgeschrittene Yoga-Ausbildung bei Dylan Werner absolvieren, einem weltweit bekannten Yoga-Lehrer. «Da werden wir von morgens sechs bis abends um neun Hardcore-Yoga erfahren», freut sich Selin Öksüz. Da wird sie ihren Akku aufladen, um alle die Projekte anzugehen, die nach den Sommerferien anstehen. Sie träumt davon, eine Tanztruppe talentierter Kids und Teenies aufzubauen. Sie freut sich prinzipiell, junge Talente zu fördern, aber auch Frauen jeglichen Alters in ihrer Sinnlichkeit zu empowern.
Bei Selin geht es nicht um das Warum, sondern eher um: Warum nicht?
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Eine Antwort
ein… bewegtes Leben – gefällt mir!