Von Franca Siegfried ‒ 5. Oktober 2023
Am 22. Oktober wird gewählt. Letzte Woche erhielten alle Stimmberechtigten ein dickes Antwortkuvert mit den Stimm- und Wahlunterlagen. Allein das Wahlzettel-Set umfasst 44 Seiten. Die Bevölkerung bestimmt die Zusammensetzung des Nationalrates in Bern. Mit 200 Mitgliedern ist die Zahl der Nationalrätinnen und -räte jedoch festgelegt. Für den bevölkerungsreichsten Kanton Zürich sind es 36 Sitze. Angemeldet haben sich 1341 Kandidierende, im Jahr 2019 waren es noch 966. Von Zumikon kandidieren drei, von Zollikon elf, die Stadt Zürich ist mit 31 Prozent der Kandidierenden übervertreten. Der Frauenanteil ist mit 43 Prozent zumindest stabil geblieben. Gewählt wird nach dem Proporzsystem; Parteien mit mehr Stimmen bekommen mehr Sitze. Damit ist die Wahl ein bunter Parteienwettbewerb – entsprechend sind die Wahlreklamen: Faltblatt, Flyer, Zeitungen und Broschüren. Die Parolen haben sich Parteien oder ihre PR-Beratung ausgedacht – es geht um Blockaden überwinden, für mehr Wir, den frischen Wind wählen oder welche Schweiz wir nicht wollen. Und was ist mit Slogans, formuliert durch künstliche Intelligenz? Gemäss Recherche von SRF ist KI beim diesjährigen Wahlkampf noch kein dringliches Thema. Angedacht ist jedoch ein Ehrenkodex für Parteien, in Zukunft auf KI zu verzichten. Peter G. Kirchschläger, Ethik-Professor der Universität Luzern, erachtet KI im Wahlkampf als eine Gefahr für Manipulationen.
Es ist nicht einfach, im Dickicht von Namen, Profilen, Parteien, Versprechen, Abgrenzungen und Listen eine persönliche Auswahl zu treffen. Nach welchen Kriterien sollen Volksvertreter gewählt werden? Nebst Parteizugehörigkeit kann eine persönliche Nähe hilfreich sein. Einem Menschen die Stimme zu geben, den man kennt oder der zumindest aus der gleichen Gemeinde stammt, erleichtert die Wahl. Nähe schafft Vertrauen. FDP-Nationalrat Beat Walti zum Beispiel, seit 2014 im Amt, kennen viele in Zollikon. Oder den Zolliker SVP-Politiker Gregor Rutz, dessen Firma in der Gemeinde ansässig ist. Der Wahlkampf ist auch eine Gelegenheit für Frauen und Männer, welche sich in der «Classe Politique» noch nicht etabliert haben. Ein Parlament mit gleichbleibender Zusammensetzung verpasst die Chance für eine lebendige Demokratie. Auch in der Politik existiert «Betriebsblindheit», man stützt sich auf Routine und verhindert damit einen Perspektivenwechsel.
Felix Heer wohnt seit 2016 im Zollikerberg. Im Vorstand der Ortspartei FDP engagiert er sich seit 2017, seit letztem Februar als Präsident: «Ich will auch beweisen, dass sich Beruf, Familie und Politik durchaus vertragen«, sagt der zweifache Familienvater. Er hat das Präsidium von Lisa Meyerhans übernommen. «Politisieren geschieht in meiner Freizeit. Ich habe Lust, mit der Partei viel auf kommunaler Ebene zu bewegen.» Themen gebe es genug, wie die letzte Gemeindeversammlung zeigte. Es genüge nicht, nur die Faust im Sack zu machen: «Als ich erfahren habe, dass die FDP Kanton Zürich noch Kandidierende für den Nationalrat sucht, liess ich mich auf die Liste setzen.» Er steht auf Platz 31. Sein grosses Anliegen ist das duale Bildungssystem – entsprechend lautet sein persönlicher Wahlslogan: «Bildung ist das Fundament einer erfolgreichen und nachhaltigen Zukunft.» Der 40-Jährige engagiert sich in der Geschäftsleitung bei examen.ch AG, einer Organisation für eidgenössische Berufs- und höhere Fachprüfungen in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, SBFI.
In Zumikon kandidiert Beryl Niedermann von der Mitte. Die selbstständige Rechtsanwältin und Mutter dreier Kinder wurde letztes Jahr in den Zumiker Gemeinderat gewählt: «Für mich ist das Amt im Gemeinderat ebenso wichtig wie ein Nationalratsmandat», sagt die 48-Jährige. «Mich interessiert die Politik – nicht die Classe Politique – und die Zukunft unseres Landes. Derzeit bin ich sehr glücklich mit meinem Amt im Gemeinderat; in Bern würde ich mich mit derselben Energie und Leidenschaft einsetzen.» Als langjähriges Parteimitglied hat sie schon mehrfach auf Kantonsrats- oder Nationalratslisten kandidiert. «Ein Platz im hinteren Teil einer Liste dient in erster Linie dazu, die Partei zu unterstützen, im Wahlkampf und mit jeder Stimme, die für mich hier in Zumikon und Umgebung eingelegt wird.» Über ihren Platz Nummer 32 auf der Frauenliste sagt sie: «Wir reden vielleicht weniger über Gleichstellung als andere Parteien, aber wir leben sie umso konsequenter.» Sie hoffe, dass viele Mitte-Frauen nach Bern gewählt werden, da sie sich eine lösungsorientierte, unaufgeregte Politik abseits von Polarisierung und Extrempositionen wünsche.
Zur Erleichterung für die Stimmberechtigten kategorisieren Parteien ihre Listen etwa mit Unternehmer, Erfahrene, Senior, Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft, Junge, Secondos und Frauen … Die SP Kanton Zürich hat dieses Jahr ihre erste Liste mit queeren Kandidierenden eingereicht. Gemäss Medienmitteilung hätten sich 35 Parteimitglieder bereit erklärt, für eine offene und inklusive Schweiz einzustehen. Gefordert werden queere Altersheime, Diskriminierungsschutz für Transpersonen wie auch besseren Schutz vor Hassverbrechen. Auf dieser Liste steht Dominic Tobler, Jahrgang 2001, Informatikstudent von Zollikon. Auf Unterlisten zu figurieren bedeutet «Parteiarbeit» mit der Option, in vier oder acht Jahren nachzurücken – so funktioniert Proporzdemokratie.
FDP | Beat Walti | Zollikon |
FDP | Felix Heer | Zollikon |
FDP | Nadine Jürgensen | Zumikon |
FDP Jungfreisinnige | Severin Luder | Zollikon |
Junge GLP | Nicole Wächter | Zollikon |
senior GLP | Christine Hoff | Zollikon |
senior GLP | Katharina Gattiker | Zollikon |
senior GLP | Marc Chuard | Zollikon |
Grüne für nachhaltiges Wirtschaften | Rafaela Devonas | Zollikon |
Mitte Frauen | Beryl Niedermann | Zumikon |
Mitte Wirtschaft und Gesellschaft | Dominik Mazur | Zumikon |
SP queer | Dominic Tobler | Zollikon |
Junge SVP | Cyrill Huber | Zollikon |
SVP KMU/Unternehmerliste | Ralph Hennecke | Zollikon |
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