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Wärmepumpe und Dezibel

Von Franca Siegfried ‒ 23. Februar 2024

Jede technologische Innovation verlangt nach gesetzlichen Regulierungen, zuerst beim Bund, dann beim Kanton und zuletzt in der Gemeinde. Eine Herausforderung für alle, ein Beispiel aus Zollikon.

Zu nah am Fenster? Eine Wärmepumpe, so wie sie hier rechts steht, konnte nur mithilfe eines Anwaltes realisiert werden. (Bild: cef)
Zu nah am Fenster? Eine Wärmepumpe, so wie sie hier rechts steht, konnte nur mithilfe eines Anwaltes realisiert werden. (Bild: cef)

Das Bundesamt für Energie (BFE) bezeichnet in ihrer «Wärmestrategie 2050» Wärmepumpen als eine der wichtigsten Heizsysteme der Zukunft. An regelmässigen «Wärmepumpen-Tagungen» werden neuste Erkenntnisse von Forschung und Industrie besprochen. Die Internationale Energieagentur (IEA) fordert für «Net Zero by 2050» eine Verzehnfachung des Wärmepumpenabsatzes weltweit. Kurzum, der Einsatz von Wärmepumpen ist nicht nur ökologisch, sondern auch klimapolitisch mit reduzierten CO2-Emissionen gefragt. Aber Wärmepumpen funktionieren nie lautlos. Für den Lärmschutz ist jedoch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zuständig, das im Herbst ein neues Verordnungspaket publizierte: «Der Lärm einer Wärmepumpe darf nachts in der Wohnzone den massgebenden Planungswert von 45 dB am Ort der Einwirkung (z. B. am Fenster eines lärmempfindlichen Raumes des Nachbargebäudes) nicht überschreiten.» Das BAFU schreibt auch: «Um der Störwirkung von Dauergeräuschen wie dem Lärm von Wärmepumpen Rechnung zu tragen, sieht Anhang 6 der Lärmschutzverordnung bei der Berechnung des Beurteilungspegels eine Pegelkorrektur im Sinne eines pauschalen Zuschlages von 5 dB am Tag und 10 dB in der Nacht.»

Baujahr 1933

Die Bauverfahrensverordnung (BVV) im Kanton Zürich ermöglicht neuerdings die Installation von Wärmepumpen mit standardisierten Meldeverfahren. Für Luft/Wasser­-Wärmepumpen braucht es jedoch einen separaten «Lärmschutznachweis». Die Grundlage dafür bietet Cercle Bruit, die Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute: «Wenn möglich ist der Standort so zu wählen, dass möglichst wenige Personen von Immissionen betroffen sind und neue Lärmquellen dort angeordnet werden, wo bereits andere Lärmquellen vorhanden sind (z. B. Strasse) und somit ruhige Zonen vor neuem Lärm geschützt werden.» Als der Zolliker Thomas Paszti eine neue Heizung benötigte, wusste er bereits, sie musste ökologisch und bezahlbar sein. Sein Haus, Baujahr 1933, wurde schon vor 15 Jahren mit energetischen Massnahmen teilsaniert für einen möglichst geringen Wärmeverlust – Isolation der Kellerdecke, des Dachstockes und moderne Fenster. Eine thermische Solaranlage unterstützt seither die Warmwasseraufbereitung, eine Photovoltaikanlage die Stromproduktion für den gesamten Jahresbedarf. Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe schien Thomas Paszti richtig, an diesem Standort war es nicht möglich, eine Erdsonde zu bohren. «Experten der Elektrizitätswerke (EKZ) bestätigten mir meine Entscheidung», sagt er. «Der Energieverbrauch pro Quadratmeter Wohnfläche war im grünen Bereich und Wärmepumpen im Altbau sind sinnvoll – auch ohne Unterstützung durch Solaranlagen.» Bei der Suche nach einem passenden Modell wurde die Lärmquelle berücksichtigt. Zumal sein Haus in einer Nachbarschaft steht und die Geräusche der Anderen sehr schnell zum nervigen Lärm werden könnten.

Lärmwert an der Forchstrasse

Das physikalische Mass für Schalldruckpegel ist Dezibel (dB (A)): An einer stark befahrenen Strasse, wie der Forchstrasse beträgt der Verkehrslärm zwischen 70 und 80 dB, zumal die Frieda auch noch vorbeifährt, je nach Geschwindigkeit mit bis zu 85 dB. Thomas Paszti lebt nicht in einer stillen Oase und der Standort der neuen Heizung auf Seite der Forchstrasse schien für alle zumutbar – wie es Cercle Bruit vorschlägt. Nur das Bauamt der Gemeinde Zollikon sah das vorerst anders. Eine Bauverweigerung an der Forchstrasse hatte Thomas ­Paszti nicht erwartet: «Der Lärmwert der Wärmepumpe liegt etwas über 50 Dezibel, nur wenige Dezibel über dem Grenzwert, also weit unterhalb des Lärmpegels der Forchstrasse.» Den maximalen Lärmwert werde jedoch erst unter Volllast bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt erreicht – also nicht in der Jahreszeit in der man mit offenem Fenster schläft. Das Problem mit dem Abstand zu einem Fenster eines Wohnraumes betraf nicht etwa ein Fenster der Nachbarn, sondern sein eigenes: «Der einzige Wohnraum zur lauten Forchstrasse hat Einbauschränke und wird von uns schon immer als Schrankzimmer genutzt.» Erst mit Hilfe eines Anwaltes konnte ­Thomas Paszti das Projekt realisieren. «Die Anlage läuft den zweiten Winter ohne Problem, die Heizleistung ist mehr als ausreichend und der Energiebedarf entspricht ziemlich genau den Berechnungen des EKZ», erklärt der Zolliker.

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Eine Antwort

  1. Vor Jahren wurde im Zolliker Boten über die Missstände bei der Bauverwaltung Zollikon berichtet; auch der Schreibende verfügt über einschlägige Erfahrungen mit zwei Funktionären.

    Offenbar hat sich, trotz organisatorischer Retouchen, nichts Grundlegendes verändert. Jedenfalls erscheinen die „usual suspects“ aus alten Zeiten noch immer auf der Zolliker Homepage ….

    Wann greift der Gemeinderat endlich durch?

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